Seit Jahrhunderten wird in den Öfen von Murano Glas gebrannt. Doch das Feuer in den Schmelzöfen droht nun zu erlöschen. Der enorme Anstieg der Gaspreise, die für die Befeuerung der Öfen benötigt werden, hat die Unternehmen an den Rand des Zusammenbruchs getrieben. Wenn der Staat ihnen nicht bis Dezember zu Hilfe kommt, könnte der Puls der Insel buchstäblich zum Stillstand kommen, mit dramatischen Folgen Venedigs Glashandwerk.
Gaspreise legen um 500% zu
Der Schlag trifft etwa sechzig Unternehmen und eine Lieferkette, an der zwischen Produktion und Vertrieb etwa tausend Arbeitnehmer beteiligt sind. Das Paradoxe ist, dass die Arbeit endlich wieder da ist, aber mit Rechnungen, die sich auf mehrere zehntausend Euro pro Monat belaufen können, kann man nicht arbeiten, erklärt Andrea della Valentina, Vorsitzender des Verbandes der Glasindustrie Confartigianato. Und weiter: Im Oktober werden wir etwa 175.000 Kubikmeter Methan verbrauchen, von einer Rechnung von 40.000 Euro auf etwa 165.000. Und einige Menschen haben ihre Öfen bereits abgeschaltet. Kann Venedigs Handwerk und Industrie nach dem Hochwasser 2019 und der Pandemie überhaupt noch eine dritte Krise in Folge durchstehen?
Nur Methangas ist erlaubt
Um die Ängste der Unternehmer zu verstehen, muss man hinter die Öfen schauen. Bei einer durchschnittliche Temperatur von 1100 Grad brennen diese an sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag. Eine Abschaltung würde hohe Wartungskosten bedeuten, da das gebrannte Material bei Abkühlung an Qualität verliert. Das Gleiche gilt für das Wiedereinschalten, das einige Wochen dauert, bis die Glasproduktionsmaschine wieder in Betrieb ist.
Kurios ist, dass die Glasunternehmen durch ein Sondergesetz, das die Verwendung anderer Brennstoffe in Venedig untersagt, zur Verwendung von Methangas verpflichtet sind. 80 % der Produktion von Kunstglas in Italien stammt aus Murano. Die Produktion von Murano-Glas ist weltweit einzigartig und die Krise droht sogar sich auf andere veneziansiche Betriebe auszweiten: Beleuchter, Perlenmacher oder Spiegelfabrikanten.
Es hängt an Rom und Brüssel
Die Verband Confartigianato geht von einer benötigten staatlichen Beihilfe von etwa 5 Mio Euro aus. Ein Betrag, mit dem der Gaspreis für das gesamte Jahr 2022 eingefroren werden könnte. Die zweite Hoffnung liegt im fernen Brüssel, wo fieberhaft an einer europäischen Regelung zur Begrenzung der Gaspreise gearbeitet wird. Das Problem betrifft zwar die Gasversorgungsunternehmen in ganz Italien, aber in Murano erhöht sich mit jedem weiteren Tag ohne Hilfe das Risiko, dass die Öfen für immer erlöschen.