Paolo Gazzotti, ursprünglich Ingenieur von Beruf, hatte den Traum den Gemüseanbau zu revolutionieren. Er baut es ohne Erde an, die Wurzeln schweben in der Luft. Die Pflanzen werden von perforierten Platten gestützt, deren Größe und Form je nach den Eigenschaften der angebauten Pflanze variiert. Alle für ihr Wachstum notwendigen Nährstoffe werden über ein Vernebelungssystem zugeführt, das direkt auf die Wurzeln wirkt. Keine Düngemittel, keine Schädlinge und keine saisonalen Anbauzeiten.
Basilikum das ganze Jahr über
In seiner La Fattoria di Pol, eine Gewächshaus im ligurischen Hinterland, baut er hauptsächlich Basilikum an, 40‘000 Pflanzen sind es mittlerweile. Ein Basilikum, das völlig frei von erdigen Rückständen ist, ist viel schneller zu reinigen. Die zarten Pflanzen halten länger, weil sie weniger oxidieren. Aber was ist mit dem gesegneten Terroir, der in der mediterranen Landwirtschaft so einen grossen Stellenwert besitzt. Terroir ist nicht nur der Boden. Es geht um Klima, Licht, Tradition, Genetik und vor allem um Know-how, erklärt Gazzotti.
Der entscheidende Vorteil des sog. aeroponischen Anbaus ist, der Wasserverbrauch ist im Vergleich zum Bodenanbau um 95 % geringer. Ausserdem kann rund ums Jahr angebaut werden. Die Pflanzen wachsen schneller und gesünder, da sich keine Bakterien vermehren.
Bodenloser Anbau begeistert Restaurants
Wegen der hohen Qualität der Produkte begeistert der bodenlose Anbau von Gemüse und Kräutern vor allem Küchenchefs, die zu den festen Abnehmern der Fattoria di Pol zählen. Einige sind sogar übergegangen, ihre eigenen kleinen aeroponischen Gewächshäuser zu halten. Der chilometro zero, also die Ernte vorm Haus, ist in Italien sehr beliebt und gilt als wichtiges Qualitätsmerkmal.
Marco Sacco mit seinem Zwei-Sterne-Restaurant am Piccolo Lago di Mergozzo ist ein Verfechter des chilometro zero. Die Zutaten für sein Gericht Terra Madre kommen alle aus dem eigenen Anbau. Den Gästen wird eine Holzschale mit einer falschen Erde aus Steinpilzen und Trüffeln serviert, in der sich geräucherte Kartoffeln und Rüben verbergen. Aus aeroponischen Salatbeeten, die an den Tisch gebracht werden, dürfen sich die Gäste frische Blätter pflücken und dem Gericht untermischen. Das Geschmackserlebnis sei überwältigend, wird berichtet.