Der Tod der beiden Mafiajäger Falcone und Borsellino jährt sich zum 30sten Mal. Gedacht wird der beiden auf vielfältigste Art. Neben zahlreichen Gedenkveranstaltungen, ist das Andenken beider omnipräsent: ein Graffiti schmückt eine Hauswand in Palermo, eine Euromünze und eine Breifmarke tragen ihr Konterfei und in Turin kommt am heutigen Samstag sogar die Oper Falcone e Borsellino, l'eredità dei giusti, das Vermächtnis der Gerechten zur Uraufführung.
Insbesondere der 23. Mai, als eine Sprengstoffbombe in Palermo das Leben des Untersuchungsrichters Giovanni Falcone und fünf seiner Begleiter beendete, ist für Italien ein Tag von grosser Symbolkraft vergleichbar mit den Anschlägen vom 11.September in New York. Denn die Mafia-Morde an Giovanni Falcone und wenige Wochen später an seinem Kollegen und Freund Paolo Borsellino haben 1992 ganz Italien aus der Gleichgültigkeit gebombt.
Bumerang für die Mafia
Eine noch nie dagewesene Bürgerbewegung ist entstanden, die Cosa Nostra wurde endlich als nationales Problem wahrgenommen. Für die Schwester von Giovanni Falcone, Maria, hatten die Attentate trotz ihrer Schrecklichkeit auch was Positives: Das war so etwas wie ein Bumerang für die Mafia. Dieses terroristische Attentat hat die Menschen in diesem Moment dazu gebracht zu sagen: Jetzt reicht es! Und unter dem ständigen Druck der immer empörteren Bürger musste der Staat schließlich eindeutig reagieren.
Und der schickte das Militär. Es war der größte Einsatz seit dem Zweiten Weltkrieg. Bis zu 12.000 Soldaten waren zeitweise auf der Insel, um die Polizei zu verstärken – und zwar für sechs Jahre. Auch die Ermittlungen kamen recht schnell voran. Ein Jahr nach dem Attentat wurde der Urheber gefasst, Toto Riina, der Capo di tutti Capi aus Corleone.
Heute trägt die Mafia Anzug
Palermo hat sich verändert nach den Anschlägen vor 30 Jahren. Die führenden Köpfe der Mafia von damals sitzen alle im Gefängnis, entscheidende Kontakte wurden gekappt – aber trotzdem gibt es die Mafia noch, sagt Leoluca Orlando, Bürgermeister von Palermo. Sie hat sich gewandelt von der Mafia, die schiesst und Attentate verübt, zur Mafia in Anzug und Krawatte, die sich in den Weiten der Finanzwelt verbirgt. Heute die Mafia zu bekämpfen, ist weniger gefährlich, aber es ist schwieriger.
Dennoch bleibt es für Italien wichtig, der Mafia das Gesicht zu zeigen. So wird Staatspräsident Sergio Mattarella heute der Opernpremiere von Falcone e Borsellino in Turin beiwohnen. Für den gebürtigen Palermitani hat der Jahrestag eine persönliche Bedeutung: Sein Bruder Piersanti wurde 1980 als Regionspräsident von Sizilien von der Mafia ermordet.