Sizilianische Orangen auf den Laufsteg
Schalen, Kerne und Blätter von Orangen werden zu kostbaren Stoffen verarbeitet. Mit dieser Idee gründeten zwei junge sizilianische Unternehmerinnen Orange Fiber. Aus Abfällen, die beim Pressen von Zitrusfrüchten anfallen sollen eine Faser ähnlich wie Baumwolle hergestellt werden. Das Verfahren wurde bereits in Catania pateniert, wo das Unternehmen auch seinen Sitz hat. Modemarken wie Ferragamo und Marinella wollen bereits mit dem Stoff von Orange Fiber ihre Kollektionen bereichern.
Die beiden Gründerinnen Adriana Santanocito und Enrica Arena lernten sich in Mailand beim Studium kennen. Sie besuchten beide die Expo von 2012, wo Nachhaltigkeit und Lebensmittel ein Riesenthema war. Bei einem Aperò nach dem Besuch der Expo kam die Idee.
700 Tausend Tonnen Abfälle von Zitrusfrüchten
Kurz darauf beagnn die Zusammenarbeit mit dem Polytechnikum von Mailand. Dort wurde an einem Verfahren zur Herstellung von Stoff aus Lebensmittelabfällen geforscht. Alleine aus Zitrusverarbeitung fallen 700 Tausend Tonnen Abfälle jährlich in Italien an. Was für ein toller Rohstoff, dachten wir uns. Der dazu nichts kostet ! 2013 meldeten sie bereits das Patent in Italien an und erweiterten es dann 2014 auf Brasilien, die Vereinigten Staaten, Mexiko, Indien und einige EU-Länder.
Dank des Patents werden Tonnen von Abfällen aus dem industriellen Pressen von Orangen gewonnen, die sonst verloren gehen würden. Daraus wird ein zelluloseähnlicher Rohstoff gewonnen, aus dem die Faser ensteht, mit der der Stoff gesponnen werden kann.
Die Zellulose wird in der Anlage in Catania extrahiert. Anschließend wird es zu Partnern in Nordeuropa geschickt, die es zu Fasern verarbeiten. Dann kehrt das Material nach Italien zurück, um gesponnen zu werden. Das Endprodukt ist der Stoff, der an Modefirmen verkauft wird. Ein perfektes Beispiel für Kreislaufwirtschaft.
Sogar H&M macht auf nachhaltig
Das berühmte Mailänder Modehaus Ferragamo hat 2017 mit dem Stoff von Orange Fiber eine exklusive Kollektion herausgebracht. Designed von Mario Trimarchi. Wie die beiden Gründerinnen kommt er aus Sizilien und er gilt als einer der grossen in Italiens Designwelt. Er entwarf Schalen und Espressomaschinen für Alessi, Leuchten für Artemide und konzipierte den Firmenauftritte der italienischen Post, Banca Intesa oder der Mailänder Müllabfuhr. Und nun das Design für die in der Orange Fiber Collection von Ferregamo verwendeten Drucke.
Der zweite Schritt war die Partnerschaft mit H&M. 2019 wurde mit Orange Fiber ein Oberteil in limitierter Auflage hergestellt, das innerhalb einer Stunde ausverkauft war, sagt Enrica Arena. Dann ging's Schalg auf Schlag. Im selben wurde mit dem Kravattenhersteller Marinella eine Orange Fiber - Krawattenlinie gestartet. Kooperationen mit vielen anderen Marken stehen in den Startlöchern. Warum ist die Modebranche so wild auf Orangenschalen?
Die Branchen gilt als eine der umweltschädlichsten Industrien der Welt. Zehn Prozent der von der Industrie verursachten Umweltschäden gehen auf das Konto der Modebranche. da kommt Orange Fiber mit der Idee der Nachhaltigkeit gerade recht.
Den beiden Gründerinnen soll es recht sein. Adriana Santanocito und Enrica Arena haben ehrgeizige Ziele: "Wir, sowie andere Startups, die ähnlich wie wir sind, bieten eine Lösung an. Denn unsere Faser entsteht aus Abfall, der sonst entsorgt werden müsste". Im ersten Jahr produzierte Orange Fiber zwei Tonnen Fasern. 2019 waren es dann dank einer e Crowdfunding-Kampagne schon 15 Tonnen. Das Ziel ist jetzt, 60 zu erreichen.